Bericht über das 4. Symposium im Internationalen Archiv für Heilpädagogik in Trebnitz.

Vom 6. – 7. Oktober 2023 fand in Trebnitz ein Symposium statt, das sich speziellen Themen zur Rolle der Heilpädagogik beziehungsweise von Heilpädagogen in der Zeit des Nationalsozialismus widmete. Damit ist zwar nicht der erste „Startschuss“ zur Auseinandersetzung mit unserer Professionsgeschichte im Dritten Reich gefallen, aber die anhaltende Diskussion zeigt, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Thema ist. Von den zehn ReferentInnen kamen sieben aus Österreich und drei aus Deutschland. Das detaillierte Programm ist auf der Webseite des Internationalen Archivs nachzulesen: https://archiv-heilpaedagogik.de/veranstaltungshinweis/

Das Symposium fand mit etwa 50 Teilnehmern in einer ausgesprochen guten Atmosphäre statt. Nach jedem Referat gab es interessierte Nachfragen und einen regen Austausch.

Im Fokus der meisten Referate stand Hans Asperger, dem die Überweisung von zwei Mädchen im Jahr 1941 aus der UNI-Kinderklinik in Wien auf den Spiegelgrund vorgeworfen wird. Während des Dritten Reichs war der Spiegelgrund in Wien eine – nach heutigen Begriffen – Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, die später bekannt dafür wurde, dass dort Kinder im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms ermordet wurden. Die brisante Frage lautet, ob Hans Asperger von diesen Tötungen wusste und ob er die Mädchen wissentlich dorthin überwiesen hatte. Im Gegensatz zu dem Historiker Herwig Czech (er war nicht bei unserer Veranstaltung), der die Behauptung aufstellt, Asperger habe von den Tötungen gewusst, haben die ReferentInnen bei unserem Symposium, die zu der Thematik ausgiebig recherchiert und geforscht haben, Zweifel daran. Im Internet finden sich zahlreiche weitere Beiträge zu dieser Debatte.
Das Internationale Archiv für Heilpädagogik plant im Rahmen seiner wissenschaftlichen Reihe die Herausgabe der Referate.

Leider sind die meisten ReferentInnen kaum auf die Frage der Perspektiven für die Zukunft der Heilpädagogik eingegangen. Die vorgegebene Redezeit von 20 Minuten beanspruchte die meiste Zeit für Ausführungen zur historischen Sachlage. Der Begriff Heilpädagogik steht zumindest in Österreich vor dem Hintergrund der Geschehnisse zur Diskussion. Aber auch in Deutschland diskutiert man begriffliche Alternativen. In ihrem Referat plädierte Sieglind Ellger-Rüttgardt für den Erhalt des Namens, allerdings sprach sie sich für den Terminus Heil- und Sonderpädagogik aus.

Das 4. Symposium in Trebnitz fand auch anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Fördervereins des Internationalen Archivs für Heilpädagogik statt.
Bei einem abendlichen Festessen verabschiedeten wir außerdem unsere langjährige Kuratoriumssprecherin Annette Paltzer (Zürich). Sie stand uns über viele Jahre mit „Rat und Tat“ zur Seite und wir wünschen ihr weiterhin alles Gute.

Prof. i. R. Dr. Dieter Lotz, Fischbachtal, 15.12.2023

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